Das Kronenfest gehört zu den beliebtesten traditionellen Festen der Siebenbürger Sachsen. Früher in der alten oder heute in der neuen Heimat: die Gemeinschaft kommt zusammen, um Sitten und Bräuche zu pflegen. So auch wieder in diesem Sommer in Hünger (Nordrhein-Westfalen).

Eines der bedeutendsten Dorffeste der Siebenbürger Sachsen - das Kronenfest -, ist ein Sommer-Brauch mit einer über 250-jährigen Tradition (1764 erstmals urkundlich in Siebenbürgen erwähnt). Im Mittelpunkt des Festes stand der „Baum“ mit seiner bunt geschmückten Krone, aus dem der Jungaltknecht seine „Kronenpredigt“ an die versammelte Gemeinschaft hielt. Es war das letzte Fest vor der schweren Feldarbeit, ein Fest des Dankes und der Freude auf eine reiche Ernte, und wurde am Johannistag oder am Peter- und Paulstag gefeiert. Die reich geschmückte Krone steht als Sinnbild des Sommers und der Sonne, die an jenen Tagen am höchsten steht.

Die bekannte Volkskundlerin Dr. Irmgard Sedler schrieb über die Wiederbelebung der siebenbürgisch-sächsischen Tradition in Deutschland: „Dass dieses Erbe auch für die nachfolgenden Generationen sinnstiftend geblieben ist, zeigt sich unter anderem am Kronenfest. Mit seinen spektakulären, vielschichtigen rituellen und zeremoniellen Elementen, getragen von jugendlichen Akteuren in einer mit Blumen und Farben gesegneten Jahreszeit, eignet es sich wie kaum ein anderes für das Gemeinschaftserlebnis im Zeichen siebenbürgischer Traditionspflege und Herkunft. Zugleich bietet es den Kindern und Enkeln die Möglichkeit der Neuverwurzelung in einer alten Kultur, die die hier Geborenen in ihrer ursprünglichen Ausformung in ‚der alten Heimat Siebenbürgen‘ nicht mehr erleben können. Letztlich verleitet es jeden Besucher, das Pathos eines Festbrauches für einen Moment im eigenen Erleben mitschwingen zu lassen.“

In Hünger, im großen Garten des evangelischen Pfarrhauses, trafen sich Anfang Juli mehr als 300 Siebenbürger Sachsen aus dem Großraum Wuppertal zum Kronenfest. Die Initiative zur Wiederbelebung des Festes hatte der Küster der örtlichen evangelischen Kirche, Georg Depner, der seit 27 Jahren Rumänien verließ und in Deutschland lebt: „In meiner Kindheit feierte man in jedem siebenbürgischen Dorf das Kronenfest. Ich kann mich noch gut erinnern: das Fest in unserem Dorf, Deutsch-Tekes (Ticusu Vechi), fand auf einer Wiese im großen Dorfpark statt. Dort, wo sich die Jugend jeden Sonntag traf. Nach dem Gottesdienst gingen wir nach Hause, aßen zu Mittag, um uns danach im Park zu versammeln. Wir erzählten, sangen unsere Lieder und unterhielten uns. Es war bestimmt nicht nach dem Geschmack der kommunistischen Behörden. Nach 1972 mussten wir uns einen anderen Platz fürs Kronenfest suchen, hinter der Kirche, nicht so sehr in der Öffentlichkeit. Und im Park wurde ein Gebäude errichtet. Heute leben noch drei Sachsen in meinem Heimatort.“

Traditionen werden in Deutschland fortgeführt

Georg Depner: „Als wir nach Deutschland auswanderten, waren wir zuerst damit beschäftigt, uns ein neues Zuhause aufzubauen, einen Arbeitsplatz zu finden. Mit der Zeit gründeten wir Gemeinschaften der Siebenbürger Sachsen. Heute treffen wir uns regelmäßig zu Festen wie diesem, ziehen unsere Volkstrachten an, singen unsere Volkslieder und feiern gemeinsam.“

Depner ist Mitglied der Kreisgruppe der Siebenbürger Sachsen im Raum Wuppertal. Deren Vorsitzender Wilhelm Funk stammt aus Haschagen (Hasag), Kreis Hermannstadt (Sibiu): „Wir sind einer der ältesten sächsischen Vereine in Nordrhein-Westfalen, gegründet im Jahr 1952. Wir haben eine Tanzgruppe und den Chor Saxonia. Außerdem haben wir eine ganze Reihe von traditionellen Festen wiederbelebt. Die wichtigsten davon: der Fasching zum Winterende, der Tanz in den Mai, dann das Kronenfest, das Grillfest und der Kathreinenball. Dieses Brauchtum ist Teil unserer Geschichte, der Geschichte der Siebenbürger Sachsen. Hier in Deutschland sind wir voll integriert, aber unsere Traditionen halten uns weiter geeint. Und mit zunehmendem Alter wird die angestammte Heimat immer gegenwärtiger, immer wichtiger. Deshalb bewahren wir unsere Traditionen.“

Wilhelm Funk ist froh, dass sich auch die junge Generation am Gemeinschaftsleben beteiligt. Die Traditionen der Eltern und Großeltern haben nur dann Bestand, wenn sie von den in Deutschland geborenen Kindern und Jugendlichen fortgeführt werden. Das diesjährige Kronenfest ist ein gutes Beispiel dafür: stolz tragen die Mädchen und Jungen ihre Volkstrachten, sie singen und tanzen und freuen sich, Teil dieser Gemeinschaft zu sein. „Wir sind wie eine große Familie, es ist ein tolles Gefühl“, sagen sie.

Viele der Teilnehmer wollen auch am ersten August-Wochenende (4.-6. August 2017) in Hermannstadt (Sibiu) dabei sein, wenn mehr als 10.000 Siebenbürger Sachsen aus aller Welt unter dem Motto „In der Welt zuhause, in Siebenbürgen daheim“ zum traditionellen Sachsentreffen in Rumänien zusammenkommen.

Hotnews.ro widmet dem diesjährigen Sachsentreffen eine Sonderseite. Medienpartner in diesem Projekt ist die Rumänische Redaktion der Deutschen Welle (www.dw.com/romanian)

Den ausführlichen Bericht über das Kronenfest in Hünger finden Sie hier

Grußwort Dr. Bernd Fabritius, Präsident der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen

Das Programm des diesjährigen Sachsentreffens finden Sie hier

Bildergalerie: Die Kirchenburgen in Siebenbürgen(Fotos: Martin Eichler)

Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest und die Botschaft Rumäniens in Berlin sind Partner des Medienprojekts.

Unterstützt wird das Projekt von Therme si Selgros